Anamnese

Es fängt ganz harmlos an. Ein einfaches Stolpern, das man etwas ungeschickt mit der Hand abfängt, oder vielleicht doch ein richtiger Sturz auf die Hand, der aber gar nicht so schmerzhaft sein muss. Häufig fühlt es sich wie eine Verstauchung an, in wenigen Tagen geht es schon spürbar besser, doch ganz weg geht der Schmerz nicht mehr. Es gibt Leute, die gehen deswegen gar nicht erst zum Arzt und das Problem wird erst Jahre später entdeckt. Im Durchschnitt aber findet die Erstkonsultation beim Arzt in den ersten 3 Wochen statt.

Anatomie

Das Kahnbein (Os scaphoideum, bis 1982 Os naviculare) ist eines der 8 Handwurzelknochen. Es steht in der Daumenbasis und ist von allen 8 Knochen am meisten beweglich, unter Anderem führt es bei der hin und her-Winkbewegung eine Kippung durch. Es ist unentbehrlich für die Oppositionsfähigkeit des Daumens, d. h. die Fähigkeit den Pinzetten- und den Grobgriff zu bilden. Da es im Handgelenks-Inneren liegt und fast gänzlich vom Knorpel überzogen ist, wird es nur von einer Arterie mit Blut versorgt. Ist diese Blutversorgung unterbrochen, so stirbt das Kahnbein ab. Das ist auch bei einer Querfraktur der Fall, da das weggebrochene Frakturstück keine eigene Blutversorgung aufweist. Die knappe arterielle Durchblutung ist auch der Grund für die lange Heilungsdauer des Kahnbeins, die bis 12 Wochen dauern kann.

Diagnostik

Man unterscheidet grob eine sichtbar Verschobene und eine „occulte“, nicht verschobene Fraktur. Ist die Fraktur verschoben, wird die Sache rasch klar, ein einfaches Röntgenbild beantwortet alle Fragen. Ist die Fraktur nicht verschoben, ist sie manchmal im Standard-Röntgenbild nicht zu erkennen. Grund für dieses relativ häufige Problem ist der kräftige, elastische Knorpel, der die Fraktur unbeschadet überstehen und die beiden Frakturteile zusammen halten kann. Eine solche Fraktur ist im Röntgen nur erkennbar, wenn der Strahlengang exakt parallel zur Frakturebene verläuft. 

Hat man aus der klinischen Untersuchung den Verdacht auf eine solche occulte Scaphoidfraktur, so gibt es zwei Wege die Diagnose zu erhärten:

  1. Abwarten.
    Eine nicht verschobene, mit dem Knorpel bereits leicht fixierte Fraktur kann man in den meisten Fällen konservativ behandeln, also verpasst man mit Zuwarten nichts. Eine Ruhigstellung des Handgelenkes ist schon aus Schmezgründen ohnehin erforderlich. Zwei Wochen später wiederholt man das Röntgenbild, die Fraktur sieht man dann immer noch nicht, dafür aber schon die ersten Heilungsvorgänge.
  1. Erzwingen.
    Will man die Diagnose sofort haben, trotz fehlender unmittelbarer Konsequenz für die Therapie, dann hilft eine Computertomographie (CT). Es gibt eine gewisse Tendenz, immer gleich eine Magnettomographie (MRI) zu verlangen, was in dieser Situation aber falsch wäre. Während man im CT den Knochen hervorragend beurteilen kann, sieht man im MRI vorwiegend Weichteile und Flüssigkeiten, den Knochen aber etwas schlechter. Im Falle der occulten Scaphoidfraktur würde man im MRI vor allem das Blut sehen, was nicht automatisch für eine Fraktur beweisend ist.

Behandlung

Verschoben oder nicht verschoben. Konservativ oder operativ. Diese vier Eckpunkte muss man zu  einem einfachen Behandlungsdiagram aufstellen.

Eine nicht verschobene, d. h. bereits anatomisch stehende Fraktur, lässt sich immer konservativ behandeln. Ob man das will, ist eine andere Frage. Der Wunsch nach Operation kommt in diesem Fall häufig vom Patienten mit Verweis auf seine berufliche oder soziale Situation, denn die Nachbehandlung nach der Operation ist etwas einfacher. Während man bei der konservativen Behandlung den Unterarm inklusive Daumen für 10-12 Wochen eingipsen muss, reicht nach der Verschraubung für die gleiche Zeit nur Schonung, eventuell ergänzt mit einer leichten Manschette während vermehrter Aktivität.

Ist die Fraktur verschoben, ist eine Operation eigentlich nicht verhandelbar. Die beiden Fragmente müssen minutiös anatomisch auf einander gestellt und verschraubt werden. Versäumt man es, entsteht ein nur allzu bekannter Arthose Typ (SNAC) der in einigen Jahren zur schmerzhaften Einsteifung des ganzen Handgelenkes führt. Genaue Adaptation und Kompression sind auch erforderlich, damit neue Blutgefässe in das auf der Gegenseite liegende Fragment einspriessen können.

Als Operationsmethode hat sich die Verschraubung mit einer einzigen Kompressionsschraube durchgesetzt. Während es viele solche Implantate gibt, ist das Prinzip immer das gleiche: Die Schraube hat vorne und hinten ein Gewinde mit unterschiedlicher Steigung. Während sie eingedreht wird, erzeugt sie die wunschgemässe Kompression zwischen den beiden Knochenstücken und verschwindet dabei vollständig im Knochen, so dass auch später eine Entfernung der Schraube nicht erforderlich ist. Der Eingriff kann meistens ambulant und in regionaler Betäubung des Armes durchgeführt werden.

Durch die Operation wird die Heilungsdauer allerdings nicht verkürzt, denn die Blutversorgung bleibt knapp. Eventuell wird das Risiko einer Pseudarthrose, einer gestörten Knochenheilung etwas gesenkt.

Resultat

Das Ziel beider Behandlungen, der konservativen und der operativen, ist die viel zitierte „restitutio ad integrum“, d. h. „alles wieder wie vorher“. Bis es so weit ist, kann aber bis 1 Jahr dauern. So lange kann auch die Hangelenksbeweglichkeit eingeschränkt bleiben, die Narbe etwas stören und das Handgelenk generell etwas empfindlich sein.

Dr. med. J. Huracek, Jun. 2024

Das Kahnbein wird nur einseitig mit Blut versorgt. Alle Fragmente vis a vie der Fraktur haben keine eigene Blutversorgung, die Knochenheilung erfolgt ausschliesslich von peripher nach zentral. Hier wurde wegen Defektbildung ein Stück Knochen vom Becken eingesetzt.

Fraktur des Os Scaphoideum, versorgt mit einer 2-Gewinde Schraube

Wegen randständig verlaufender Fraktur upside-down eingebrachte 2-Gewinde Schraube

Einseitig weisses Kahnbein als Folge ungenügender Durchblutung trotz verschraubter Fraktur

MRI einer veralteten Scaphoid Fraktur mir reduzierter Durchblutung und Bildung von Zysten

CT-Scan der gleichen Fraktur. Im unteren Bereich vermehrte Knochendichte als Zeichen ungenügender Durchblutung

Anamnese

Es fängt ganz harmlos an. Ein einfaches Stolpern, das man etwas ungeschickt mit der Hand abfängt, oder vielleicht doch ein richtiger Sturz auf die Hand, der aber gar nicht so schmerzhaft sein muss. Häufig fühlt es sich wie eine Verstauchung an, in wenigen Tagen geht es schon spürbar besser, doch ganz weg geht der Schmerz nicht mehr. Es gibt Leute, die gehen deswegen gar nicht erst zum Arzt und das Problem wird erst Jahre später entdeckt. Im Durchschnitt aber findet die Erstkonsultation beim Arzt in den ersten 3 Wochen statt.

Anatomie

Das Kahnbein (Os scaphoideum, bis 1982 Os naviculare) ist eines der 8 Handwurzelknochen. Es steht in der Daumenbasis und ist von allen 8 Knochen am meisten beweglich, unter Anderem führt es bei der hin und her-Winkbewegung eine Kippung durch. Es ist unentbehrlich für die Oppositionsfähigkeit des Daumens, d. h. die Fähigkeit den Pinzetten- und den Grobgriff zu bilden. Da es im Handgelenks-Inneren liegt und fast gänzlich vom Knorpel überzogen ist, wird es nur von einer Arterie mit Blut versorgt. Ist diese Blutversorgung unterbrochen, so stirbt das Kahnbein ab. Das ist auch bei einer Querfraktur der Fall, da das weggebrochene Frakturstück keine eigene Blutversorgung aufweist. Die knappe arterielle Durchblutung ist auch der Grund für die lange Heilungsdauer des Kahnbeins, die bis 12 Wochen dauern kann.

Diagnostik

Man unterscheidet grob eine sichtbar Verschobene und eine „occulte“, nicht verschobene Fraktur. Ist die Fraktur verschoben, wird die Sache rasch klar, ein einfaches Röntgenbild beantwortet alle Fragen. Ist die Fraktur nicht verschoben, ist sie manchmal im Standard-Röntgenbild nicht zu erkennen. Grund für dieses relativ häufige Problem ist der kräftige, elastische Knorpel, der die Fraktur unbeschadet überstehen und die beiden Frakturteile zusammen halten kann. Eine solche Fraktur ist im Röntgen nur erkennbar, wenn der Strahlengang exakt parallel zur Frakturebene verläuft.

Hat man aus der klinischen Untersuchung den Verdacht auf eine solche occulte Scaphoidfraktur, so gibt es zwei Wege die Diagnose zu erhärten:

  1. Abwarten.
    Eine nicht verschobene, mit dem Knorpel bereits leicht fixierte Fraktur kann man in den meisten Fällen konservativ behandeln, also verpasst man mit Zuwarten nichts. Eine Ruhigstellung des Handgelenkes ist schon aus Schmezgründen ohnehin erforderlich. Zwei Wochen später wiederholt man das Röntgenbild, die Fraktur sieht man dann immer noch nicht, dafür aber schon die ersten Heilungsvorgänge.
  1. Erzwingen.
    Will man die Diagnose sofort haben, trotz fehlender unmittelbarer Konsequenz für die Therapie, dann hilft eine Computertomographie (CT). Es gibt eine gewisse Tendenz, immer gleich eine Magnettomographie (MRI) zu verlangen, was in dieser Situation aber falsch wäre. Während man im CT den Knochen hervorragend beurteilen kann, sieht man im MRI vorwiegend Weichteile und Flüssigkeiten, den Knochen aber etwas schlechter. Im Falle der occulten Scaphoidfraktur würde man im MRI vor allem das Blut sehen, was nicht automatisch für eine Fraktur beweisend ist.

Behandlung

Verschoben oder nicht verschoben. Konservativ oder operativ. Diese vier Eckpunkte muss man zu  einem einfachen Behandlungsdiagram aufstellen.

Eine nicht verschobene, d. h. bereits anatomisch stehende Fraktur, lässt sich immer konservativ behandeln. Ob man das will, ist eine andere Frage. Der Wunsch nach Operation kommt in diesem Fall häufig vom Patienten mit Verweis auf seine berufliche oder soziale Situation, denn die Nachbehandlung nach der Operation ist etwas einfacher. Während man bei der konservativen Behandlung den Unterarm inklusive Daumen für 10-12 Wochen eingipsen muss, reicht nach der Verschraubung für die gleiche Zeit nur Schonung, eventuell ergänzt mit einer leichten Manschette während vermehrter Aktivität.

Ist die Fraktur verschoben, ist eine Operation eigentlich nicht verhandelbar. Die beiden Fragmente müssen minutiös anatomisch auf einander gestellt und verschraubt werden. Versäumt man es, entsteht ein nur allzu bekannter Arthose Typ (SNAC) der in einigen Jahren zur schmerzhaften Einsteifung des ganzen Handgelenkes führt. Genaue Adaptation und Kompression sind auch erforderlich, damit neue Blutgefässe in das auf der Gegenseite liegende Fragment einspriessen können.

Als Operationsmethode hat sich die Verschraubung mit einer einzigen Kompressionsschraube durchgesetzt. Während es viele solche Implantate gibt, ist das Prinzip immer das gleiche: Die Schraube hat vorne und hinten ein Gewinde mit unterschiedlicher Steigung. Während sie eingedreht wird, erzeugt sie die wunschgemässe Kompression zwischen den beiden Knochenstücken und verschwindet dabei vollständig im Knochen, so dass auch später eine Entfernung der Schraube nicht erforderlich ist. Der Eingriff kann meistens ambulant und in regionaler Betäubung des Armes durchgeführt werden.

Durch die Operation wird die Heilungsdauer allerdings nicht verkürzt, denn die Blutversorgung bleibt knapp. Eventuell wird das Risiko einer Pseudarthrose, einer gestörten Knochenheilung etwas gesenkt.

Resultat

Das Ziel beider Behandlungen, der konservativen und der operativen, ist die viel zitierte „restitutio ad integrum“, d. h. „alles wieder wie vorher“. Bis es so weit ist, kann aber bis 1 Jahr dauern. So lange kann auch die Hangelenksbeweglichkeit eingeschränkt bleiben, die Narbe etwas stören und das Handgelenk generell etwas empfindlich sein.

Dr. med. J. Huracek, Jun. 2024